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Meinung ——

Die stellvertretende Scham tut weh!

Carla Scheidegger

April 22, 2016

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Sich fremdschämen tut weh!

Seit fast 15 Jahren lebe ich außerhalb Brasiliens. Deshalb sollte ich empfindlicher sein für Variationen im Wortschatz von Freunden und Verwandten, die dort noch leben. Ein Ausdruck, der jetzt neu ist, und den ich persönlich ganz merkwürdig finde, ist die Stellung von “super” vor Verben, wie z.B.: eu super concordo, “Ich stimme super zu”. 

Seit einiger Zeit fällt mir auch der regelmäßige Gebrauch von “sich fremdzuschämen” oder “stellvertretende Scham zu empfinden” auf. Der Ausdruck reizte meine Neugier und, da ich glaubte, dass es einen Bezug zur Empathie geben würde, untersuchte ich die Bedeutung dieses Gefühls, wann es vorkommt und warum die Brasilianer den Ausdruck so oft verwenden. 

Laut der texanischen Psychologin und Buchautorin, Brené Brown - Schamforscherin seit mehr als 20 Jahren - ist die Scham unmittelbar mit der Unvollkommenheit verbunden. Brené erklärt, dass wir uns, sobald ein Benehmen oder ein Ereignis nicht übereinstimmt mit dem was wir im Rahmen einer sozialen Struktur als “perfekt” betrachten, verletzlich fühlen und Scham empfinden können. Zum Beispiel: stottern wenn wir eine Rede halten müssen, unangemessen gekleidet sein, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn man diskret sein will, den falschen Namen benutzen, wenn man eine wichtige Person anspricht.

Die stellvertretende Scham tritt auf, wenn jemandem irgendetwas Unvollkommenes, irgendwas Komisches, was Ungepasstes im Verhalten des Anderen auffällt. Sie ist unmittelbar mit  individuellen oder kollektiven Erwartungen verbunden. Es gibt einige Situationen, in denen das Gefühl ganz üblich ist: ein Kollege mit etwas zwischen den Zähnen während einer Arbeitsbesprechung, jemand der sehr laut lacht im Bus, eine Person in einem Song-Wettbewerb, die alles andere besser kann als singen. Wenn man merkt, dass jemand, absichtlich oder nicht, sich lächerlich benimmt - in unseren Augen, FÜHLEN wir stellvertretende Scham.

Eine Studie von den Forschern Dr. Sören Krach und Friede Paulus von der Universität in Marbug hat zum ersten Mal ergeben, dass, wenn wir stellvertretende Scham empfinden, unser Vermögen zur Empathie bestimmte Hirnregionen aktiviert. Diese Hirnareale sind merkwürdigerweise die gleichen, als wenn wir mit jemandem mitfühlen, der sich verletzt hat, und der entweder physischen oder moralischen Schmerz empfindet. Wir könnten also daraus schließen, dass wir den “Schmerz der Scham” für den Anderen empfinden, auch wenn wir uns dessen Unvollkommenheit nicht bewusst sind.

In Brasilien sucht und verwendet man den Ausdruck “sich fremdschämen” öfter in den sozialen Medien, als in Ländern wie Deutschland und den Vereinigten Staaten (“vicarious embarrassment”). ‘Google Trends’-Analysen zufolge - während es für die letzteren zwei Ländern ungenügend Daten für ein statistisch relevantes Ergebnis, können wir für Brasilien ein soziales Phänomen feststellen, da die Höhepunkte der Internetsuche mit der Öffnung der Fußball-Weltmeisterschaft in 2014 zusammenfallen, wenn der Ausdruck mit Bezug auf den Auftritt von Claudia Leite mit Jennifer Lopez und die Niederlage gegen Deutschland (“Der Cup der Scham”) auftaucht. So sehen wir auch, dass die Brasilianer sich in Zeiten von politischer Instabilität mehr “fremdschämen”, wie in einigen Monaten von 2015 und im März dieses Jahres.

Die gute Nachricht ist, dass “sich Fremdschämen” eine emphatische Reaktion ist, die das Gehirn etwas lehrt, was unserer Aufmerksamkeit dient, wie zum Beispiel zwei Mal kontrollieren, ob der Reißverschluss der Hose schon geschlossen ist, wenn man aus der Toilette herauskommt.

Im folgenden Artikel werden wir zeigen, welche die möglichen Reaktionen sind, wenn wir stellvertretende Scham fühlen, und warum es diese Variation in Verhaltensweisen von Menschen gibt.

 

 

Carla Scheidegger

Ein neugieriger Geist in einem Körper voller Emotionen. Ich reise gerne, um fremde Kulturen und Menschen - die anders sind als ich - zu begegnen. So kann ich Empathie üben und mich kontinuierlich als Mensch entwickeln und verändern. Wie hier in der Welt von Carlotas.


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